Dienstag, 20. August 2019

Rezension - Becoming Elektra

"Aber egal, wie lange ich es laufen lasse, egal, wie heftig ich weine - niemand kommt, um mich zu trösten. Und kein Wasser der Welt kann den ganzen Schmutz von mir waschen, den ich auf mir spüre, obwohl man ihn nicht sehen kann."



Titel: Becoming Elektra
Autor/in: Christian Handel
Verlag: Ueberreuter Verlag
Seiten: 384
Preis: 17,95€
Einzelband

Inhalt: 

Isabel lebt ein Leben verborgen vor dem Rest der Welt. Jeder weiß, dass sie existieren, doch niemanden scheint es zu interessieren. Als sie das Angebot bekommt, diesem tristen Leben zu entfliehen und den Platz einer anderen einzunehmen, nimmt sie an. Aber nicht nur für ein besseres Leben, sondern auch um das Leben ihrer Schwester zu schützen. Das ihr jemand nach dem Leben trachtet, weiß sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Schreibstil:

"Becoming Elektra" ist nicht das erste Buch von Christian Handel, das ich in den Händen gehalten habe. Deshalb war ich natürlich nicht überrascht, dass er auch diesmal wieder einen fantastischen Schreibstil bewiesen hat. Aber gleichzeitig war auch eine extreme Steigerung zu erkennen, so emotional wie bei diesem Buch bin ich lange nicht mehr gewesen.

Setting:

Für mich ist das Buch sehr ähnlich einer Dystopie. Der Autor selbst, beschreibt es aber nicht als Dystopie.
Wir befinden uns in einer Welt der Zukunft. Magnettaxis haben die uns bekannten Autos ersetzt, Reiche können sich Klone von sich selbst leisten und die Menschen gehen eher ins VR-Kino statt ins Theater. ABER es gibt nicht nur technische Errungenschaften, denn parallel dazu findet man immer noch die uns bekannten Kulissen und Gegenstände. Wenn auch teilweise unter anderem Namen - wie das TalkOnly (Na, was is das wohl? 😋).

Charaktere:

Elektra Hamilton, Isabel und Kelsey - alle gleich und doch wieder nicht. Während wir von der wahren Elektra nur Informatonen durch andere bekommen und nicht direkt kennenlernen können, ist unsere Hauptprota Isabel. Die aber gleichzeitig auch Elektra ist. Verwirrend, nicht wahr? Um dahinterzukommen, müsst ihr das Buch aber selbst lesen. 😸
Sie ist sehr ehrlich, sagt gerade hinaus was sie denkt, auch wenn es mal nicht angemessen ist und bietet anderen die Stirn. Allerdings verrät sie auch sehr schnell die ein oder anderen Dinge, die sie besser für sich behalten hätte und bringt damit ihre Mitmenschen in Gefahr.

Mein persönlicher Liebling war Hektor. Auch wenn er "nur" ein Nebenprota ist, erfährt man doch sehr viel von ihm und er stellt sich als einfühlsamer Mensch heraus. Man muss ihn einfach lieben. Und auch wenn er das nicht jedem zeigt, hat er eine sehr verletzliche Seite. 💜

Dann hätten wir da natürlich noch Phillip. Ehrlich gesagt hatte ich zunächst meine Probleme mit ihm, weil da einfach nix war, wo ich sagen konnte: hey, den find ich interessant. Und obwohl er eine eigentlich sehr bedeutsame Rolle spielt, ist er für mich irgendwie immer sehr im Hintergrund geblieben. Zum Ende hin bekommt man schon mehr Bezug zu ihm, aber dennoch wird er mir wohl nicht unbedingt im Gedächtnis bleiben. Sorry Phillip, aber aus uns beiden wird leider nix. 😏
PS: Phillip wird u.a. als Hipster beschrieben und genau so hab ich ihn mir auch vorgestellt. Vielleicht war das ja das Problem? 😄

Fazit:

Christian Handel hat wieder ein mega tolles Buch geschrieben! 
Die ersten Seiten haben sich nur langsam lesen lassen. Aber nicht weil es irgendwie langweilig war oder so, sondern eher weil man in kurzer Zeit, viele Informationen und Handlungen bekommt. Aber im guten Sinne!
Die Neuschöpfungen und der damit verbundene bildhafte Schreibstil haben mich positiv überrascht und ich war teilweise richtig geflashed. Man konnte sich alles was beschrieben wird total gut vorstellen und irgendwie merkt man auch, dass das Setting gar nicht so fern von unserer Zeit liegt, weil es durchaus realisierbar wäre. Deshalb konnte ich besonders gut in das Buch eintauchen.
Am meisten beeindruckt hat mich, wie sehr mich das Buch berührt hat. Ich war teilweise so emotional, dass Tränen geflossen bin. Und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass mir das selbst beim traurigsten Roman nicht so schnell passiert.
In diesem Moment habe ich das Buch echt ins Herz geschlossen.
Aber dann kam das Ende...
Ich will nicht behaupten, dass es schlecht ist, denn das ist es nicht. Aber es gab da so zwei Szenen die sehr spannend und entscheidend waren und hinterher kam dann plötzlich ein Schnelldurchlauf der nächsten Ereignisse....dabei hätte ich so gerne mehr dazu erfahren, wie Isabel sich hinterher gefühlt hat und irgendwie haben mir dann auch einfach die Konsequenzen der Handlung gefehlt.
Und die Tatsache, dass "Becoming Elektra" nur als Einzelband gedacht ist, macht das ganze noch schwieriger. Denn man bekommt nicht nur verheißungsvolle Infos und Akteure vor die Nase gesetzt, die verdammt viel Potenzial bieten, sondern auch noch ein sooo offenes Ende...ich weiß gar nicht wie ich damit umgehen soll. Es ist für mich einfach überhaupt nicht abgeschlossen und das finde ich schade.
Deshalb, so gerne ich auch 5 🌟 geben würde, weil der Rest des Buches wirklich fantastisch war, ich bring es einfach nicht übers Herz und vergebe daher sehr sehr lieb gemeinte 4 🌟.